Antiamerikanismus im 21. Jahrhundert: Sechs Thesen

Der Antiamerikanismus beziehungsweise antiamerikanische Einstellungen sind in Deutschland, wie in den letzten Monaten leider häufig festgestellt werden musste, weit verbreitet. Aber was macht den Antiamerikanismus, der als Welterklärungsmuster dient und sich zu einer Ideologie verdichten kann, im 21. Jahrhundert aus? Der Publizist, Buchautor und radioeins-Redakteur Tobias Jaecker, der zu diesem Thema geforscht hat und am 09.10.2014 dazu einen Vortrag beim OAT halten wird, hat sechs schlüssige Thesen aufgestellt.

1. Der Antiamerikanismus stellt im medialen Mainstream Deutschlands ein Welterklärungsmuster dar, das im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Themen am stärksten ausgeprägt ist.

2. Die narrative Form des antiamerikanischen Welterklärungsmusters wird durch vier grundlegende Strukturprinzipien bestimmt – Dualismus, Projektion, Selbstaufwertung und Verschwörungsdenken.

3. Der Antiamerikanismus hat die ideologische Funktion, die unübersichtliche Lebenswirklichkeit im 21. Jahrhundert scheinbar schlüssig zu erklären und einen vermeintlich Schuldigen für gesellschaftlich Missstände und Krisen zu benennen.

4. Der Antiamerikanismus radikalisiert sich zusätzlich, indem er Elemente des Antisemitismus aufnimmt.

5. Der Antiamerikanismus dient auch als Treibmittel zu einem ungehemmten, scheinbar fortschrittlichen Nationalismus.

6. Zwar hat sich der Antiamerikanismus historisch verändert, jedoch ist nicht absehbar, dass er bald verschwindet.

Weiterführende und erläuternde Anmerkungen zu den Thesen sind in der Monografie Tobias Jaeckers zu finden: JAECKER, Tobias: Hass, Neid, Wahn. Antiamerikanismus in den deutschen Medien, Frankfurt / New York 2014, S. 371-376.

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