Es ist nach der Abwahl der Bush-Regierung ruhig geworden, um das Themenfeld des Antiamerikanismus in der deutschen Öffentlichkeit. Zumindest bis sie mit den Enthüllungen über die Geheimdienstarbeit der National Security Agency (NSA) und den vermehrten Drohnen-Einsätzen unter der Obama-Regierung neue Fahrt aufgenommen hat. Zu dieser Zeit ließ sich selbst der damalige Innenminister H.P. Friedrich zu der Aussage hinreißen: “Antiamerikanismus geht mir gewaltig auf den Senkel”, um US-Geheimdienste gegen jede Kritik in Schutz zu nehmen.
Im Gegensatz zu Friedrich wollen wir allerdings kritsches Denken nicht unterbinden, sondern befördern und den Begriff des Antiamerikanismus genauer unter die Lupe nehmen. Dann stellt sich als erstes die Frage: Was ist Antiamerikanismus? Wie entstehen antiamerikanische Stereotype und welche Wirkmächtigkeit haben sie? Und welchen Nutzen hat der Begriff für eine emanzipatorische Kritik?
Barbara Fried beschreibt in ihrer Dissertation “Antiamerikanismus als Kulturalisierung gesellschaftlicher Veränderung und Differenz”, wobei “Amerika als Referenzpunkt einer vielfach ‘in Unordnung’ geratenen Welt” fungiert. Das heißt gesellschaftliche Konflikte und Veränderungen sowie die Ängste, die damit einhergehen, werden verarbeitet, indem sie auf die USA projiziert und als amerikanische kulturelle Eigenheiten verklärt werden. Der Ursprung eigener gesellschaftlicher Probleme wird in ein anderes Land verlegt und ihre Lösungsnotwendigkeit abgeschoben. Die dahinterliegenden gesellschaftlichen Ursprünge bleiben dabei verborgen.
So wird zum Beispiel den USA oft ein “ungenierter Kapitalismus” (Spiegel Online) nachgesagt oder eine “soziale Kälte” (FAZ). Dahinter steckt das unterbewusste Wissen, dass in Deutschland natürlich die gleichen kapitalistischen Gegebenheiten herrschen. Der Kapitalismus sei hier nur etwas ‘genierter’ und die soziale Kälte nicht so weit fortgeschritten, das Übel noch nicht so groß, solange man sich vor einer “Amerikanisierung” der Gesellschaft zu schützen weiß. Hinter diesem Gegensatz von ‘hier’ und ‘dort’ bleiben komplexe innergesellschaftliche Interessengegensätze verschleiert. Es ist Aufgabe emazipatorischer Kritik diese wieder offen zu legen und die Kritik am Kapitalismus, die teilweise im antiamerikanischen Stereotyp verborgen liegen kann, in eine universelle Kritik am Kapitalismus umzuformulieren und nutzbar zu machen. Besonders im Hinblick auf die derzeitige Berichterstattung sehen wir es daher als wichtig an, wieder einen Input zu geben, der sich kritisch mit den dort vermittelten Ressentiments auseinandersetzt.
02.10. Popcorn-Kino: Satirisch-dokumentarische Reise in die Untiefen des deutschen Antiamerikanismus. (Film: Deckname Dennis)
09.10. Hass – Neid – Wahn: Tobias Jaecker (Publizist und Buchautor) gibt eine Einführung in die Ideoligie des Antiamerikanismus. Es soll gezeigt werden, wie antiamerikanische Welterklärungsmuster dazu dienen gesellschaftliche Umbrüche und Missstände scheinbar schlüssig zu erklären.
16.10. Linksdjihadistische Querfront: Ivo Bozic (Herausgeber Jungle World) beleuchtet die Verbindungslinien zwischen Linken und Djihadisten. Bei der Unterstützung des irakischen Widerstands, der Gaza-Soli-Flotte, den jüngsten Gaza-Soli-Demos bis hin zur DDR und RAF eint die Protagonist*innen eins: ein antiamerikanisches, antiwestliches und antizionistisches Weltbild.
23.10. Popcorn-Kino: In deutschen Filmen und Serien wird immer wieder gern auf antiamerikanische Stereotype zurückgegriffen. Wir wollen mit euch am Beispiel einer beliebten deutschen Krimi-Serie nach verdeckten und offensichtlichen Stereotypen suchen.